Die Wespe die gerne eine Biene gewesen wäre

Seit 2 Jahren päpple ich einige Pflanzen auf, von der eine dieses Jahr so richtig blüht. Bestäubungsversuche mit einem Pinsel so wie ich es bei Kakteen mache, und auch das ineinander reiben zweier Ästchen an denen sich Blütendolden befunden haben, ist letztes Jahr Gescheitert.

Umgebung

In meiner kleinen Wohnung habe ich die Fenster Tag und Nacht ab Frühjahr bis in den Herbst hinein immer auf Kippe. Dieses Jahr, so gegen Mitte Ende Juli herum sehe ich, dass eine Wespe (Vespula germanica) an den kleinen Blüten ihren großen Gefallen gefunden hat. Diese sammelt aus den Blüten Nektar heraus. Ich habe die Wespe einige Tage beobachtet, wie sie mittlerweile alle Blüten auch angeflogen hat und unermüdlich die Blüten bearbeitet.

Ich habe weiter herausgefunden, dass es spezielle Wespenpflanzen, die sogenannten „Sphecophilie“ gibt, die kurze Blütenkelche aufweisen, damit Wespen, die von Natur aus Beißwerkzeuge anstatt einen Rüssel benutzen müssen, an den Nektar herankommen. Nur Bienen haben einen sogenannten Saugrüssel, damit diese den Nektar aus tieferen Blütenkelchen heraus holen können.

7-8 Wochen hat die Wespe einen Großteil der Blüten bestäubt

Einige Wochen sind vergangen und an manchen Blütendolden kann man schon Beeren herauswachsen sehen. Aus lauter Freude darüber habe ich gesehen, wie die Wespe sich ihren Weg merkt und wie anstrengend das stetige Anfliegen für sie sein muss. So gesagt, die Wespe nutzt ein schräg gestelltes Küchenfenster und fliegt geschickt ein und wieder aus dem Fenster heraus. Helikopter artig fliegt sie herum. Sie muss ihr Terrain auf jeden Fall erkundet haben.

Einige Pflanzen und Kakteen dienen ihr wohl als Orientierungshilfe für den Einflug, wie auch der Ausflugsschneise. Sie hat gelernt auf die hell / dunkel Reize am Fenster zu reagieren. Ich kann bis zum heutigen Zeitpunkt schlecht sagen ob Wespen gute Seherinnen oder weniger gute sind oder wie sie überhaupt sehen oder das Gesehene wahrnehmen.

Belohnung mit Füttern

Aus Dankbarkeit, dass die Wespe meine Pflanze bestäubt hat, habe ich beschlossen ihr, der Einfachheit halber, Zuckerwasser in einer glaube ich 12er Petrischale anzurühren, um ihr das als Belohnung für den Bestäubungsvorgang meiner Pflanze zu geben, denn die dürften schon weitestgehend von ihr ausgelutscht sein. Es entzieht sich meiner Kenntnis ob Blütenkelche jeden Tag neuen Nektar produzieren, den die Pflanze dann an suchende Insekten abgeben können.

Dieses Jahr 2017 haben es Wespen sehr schwer. Lange Zeit viel zu nass und auch in letzter Zeit. Der Frühling ist auch weniger toll für Wespen gewesen.

Zurück in diese Zeit

Die Fütterung verläuft fantastisch, ich mache immer wieder Morgens und nochmal am späteren Nachmittag das Zuckerwasser in der Petrischale zurecht. Sie kommt immer wieder zurück zu der unerschöpflichen Kohlehydrat Quelle.

Ihre Kolleginnen scheiterten bislang. Ich habe diese erst verzweifelt und hektisch am Fenster herumfliegen gesehen, weil sie wieder raus wollten. Nach einiger Zeit haben sie es aus eigener Anstrengung auch von alleine geschafft.

Ich glaube zu sehen, dass die Kolleginnen die sich dieser Tage zu mir hinein verirrt haben, es sich um jüngere Exemplare (Vespula germanica) handeln muss und entsprechend wenig Erfahrung mit dem Ein- und Ausfliegen aus meinem Haus mitgenommen haben. Es bleibt auch ein Mysterium, ob die aus dem gleichen Nest stammen.

Von Bienen weiss man, dass diese Informationen mit reichhaltigen Blüten oder Nektarquellen mit einer Art Tanz an ihre Kolleginnen weitergeben, damit mehr Bienen von der neuen Kohlehydrat Quelle profitieren können.

Ob Wespen innerhalb ihres sozialen Gefüges ebenfalls untereinander Kommunizieren, um Futterplätze den Artgenossen mitzuteilen, entzieht sich leider meiner Kenntnis.

Die Wespe ist so klasse

Es muss sich bei meiner Besucherin um ein und dieselbe Wespe handeln.

Ich glaube, die kennt mich und akzeptiert mich. Erst vor einigen Tagen habe ich bei einem meiner Giess Vorgänge, die Wespe versehentlich beim „Trinken“ von Zuckerwasser gestört, weshalb die Wespe aufgeschreckt ist um Richtung Fenster ab zu schwirren, während ich ebenfalls er- und etwas zurück geschreckt bin. Interessant daran war, dass die Wespe anstatt mich anzugreifen oder die Situation weiter auf Sicherheit abzuchecken, sich gleich wieder dem reichlich vorhandenen Lebensbrunnen „Zuckerwasser“ gewidmet hat. Sie ist außerdem dazu in der Lage, den linken Fluchtspalt am Fenster relativ zügig anzusteuern um sich in Sicherheit zu bringen.

Wir haben uns beruhigt und sind unserem Tagesgeschäft weiter nachgegangen. Sie wird weiter gefüttert und ich zocke derweil. HA HA HA

Die Geschicktheit der Wespe erstaunt mich von Tag zu Tag mehr. Ihre Abwesenheit in Abhängigkeit des Weges hat mich interessiert und habe sie zeitlich mal gestoppt. Sie war etwa 4 Minuten und 34 Sekunden unterwegs. Das sind geteilt durch zwei, etwas mehr als zwei Flugminuten von meiner Stadtwohnung aus.

Im zwei Minuten Flug Radius muss sich also ihr Zuhause irgendwo befinden.

Anzahl ihrer Flüge ausrechnen

Heute habe ich einen Durchschnitt der Arbeitsleistung der Wespe errechnet. Dabei wird ein Tag mit 1440 Minuten angenommen Es werden 12 Stunden Arbeitseinsatz mit Hin und her fliegen bei Tageslicht angenommen. Wespen sind keine Nacht aktiven Insekten, weshalb großzügig gerechnet 720 Minuten, also einen halben Tag für die Zuckerwasser Luftfracht als Berechnungsgrundlage veranschlagt werden kann. Wenn ich das weiter verrechne kommt dabei heraus

720 minx 60 sec / 274 sec = 157,6642336 (Hin und her fliegen)

Die fliegt also etwa 157 mal zu ihrem Nest und wieder zu der Futterquelle zurück.

Überlegen Sie sich das mal!

Wenn ich der Wespe täglich immer wieder zusehe, fällt mir auf, wie diese Kopfüber in der doch recht konzentrierten Rohrohzucker Sirup Brühe steckt, die ich ihr vorbereitet habe. Sie hat es schon geschafft, versehentlich in dem Zuckersirup zu landen. Danach macht sie für einen Moment ihre Flügelchen trocken und putzt sich auch kurz die Fühlerchen ab.

Aus meiner Sicht sehe ich, sind ihre Fühler wenn sie „trinkt“, nahezu im Zucker Sirup eingetaucht. Manchmal glaube / meine ich zu sehen, dass ihr gesamter Kopf in dem Zuckersirup steckt, nämlich dann, wenn sie Kopfüber vom Rand der Petrischale herabhängend an den Zuckersirup herangekommen ist.

Wenn sie damit fertig ist, startet sie um aus dem Fenster heraus zu fliegen. Manchmal etwas benommen oder verwirrt verlässt sie die Kohlehydrat Quelle und findet immer PERFEKT ihren Weg aus dem Fenster links aus dem Fensterspalt hinaus.

Ihre Flugrichtung

Wenn aus meinem Küchenfenster heraus gesehen wird, sieht man in die östliche Himmelsrichtung. Von außerhalb des Küchenfensters kommt sie von der linken Seite aussen angeflogen und fliegt auf der rechten Seite des schräg gestellten Küchenfensters nach innen, wo der „Busch“ mit den Blüten etwa 50 cm vom Fenster entfernt, rechts an einer Wand steht.

Sie landet auf einem der schwarzen Vierkanttöpfe mit „Gotu Kola“ Saatgut, auf dem die Petrischale mit leichter Neigung nach vorne zum Fenster hin gekippt, den „Nektar“ für die Wespe bereithält. Das Szenario spielt sich etwa 40 cm vom Küchenfenster im Raum und mittig der Fensterbreite des Küchenfensters ab.

Insekten würde ich behaupten, haben ein Bewusstsein

Es soll niemand behaupten, die Tierchen hätten kein Gehirn. Was ich mit ihr erlebe und Beobachte ist, dass die ein enormes Erinnerungsvermögen mit dem Flugweg in meine Wohnung abgespeichert haben muss. Das was mir die Wespe seit etwa mitte Juli zeigt, stellt alles auf den Kopf, was ich bisher über Wespen geglaubt habe zu wissen.

Ich bin ihr jedenfalls Dankbar, dass mir die Wespe die Pflanze bestäubt hat.

Danke

01.09.2017

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