Vielleicht!?

Es ist wieder so ein Morgen.
Der Tag beginnt, die Sonne ist eben im Begriff aufgehen zu wollen.
Dennoch ist es düster.
Zu düster.

Den ganzen Tag wird es wahrscheinlich auch so bleiben.
Er zieht sich die paar Habseligkeiten über, die ihm noch geblieben sind.
Es gibt kein wie sonst so übliches Frühstück.
Dafür fehlt ihm die Zeit.

Er hat noch einen langen Weg vor sich. Wohin ihn dieser führen soll, fragt er sich schon seit Wochen. Er müsste eigentlich irgendwo zwischen Portugal und Lettland sein. Gewissheit hat er keine. Ihm fehlt auch eine Karte oder natürliche Orientierungspunkte um sich irgendwie orientieren zu können. Die Navigation unter Zuhilfenahme von Sternbildern am nächtlichen Himmelszelt hat er nie gelernt. Die idyllischen Gegenden sind ihm großteils unbekannt. Manche Anhaltspunkte glaubt er sich zu erinnern, kennt er aus dem Fernsehen. Genau weiß er es nicht aber weiß, dass er hier noch nie war. Der Kompass, den er zufällig gefunden hat, zeigt ihm den Weg Richtung Norden.
Ein heißer Wind weht ihm Staub in seine Augen, weshalb er seine Augen stark zusammen kneifen muss um überhaupt etwas sehen zu können. Immer wieder reibt er sich seine Augen. Sein Mund und Nasenschutz verhindert weitestgehend das Einatmen von zu viel trockenen Micro Partikeln.
Den teils heftigen Windböen voraus, fliegen immer wieder vereinsamte Plastiktüten in allen möglichen Farben. Jede Böe zieht mit geräuschvollem rascheln und prasseln, welkes Laub und anderes, leicht flüchtiges Gerümpel hinter sich her.

Die Städte die er bisher durchquert hat, waren ausgestorben. Das einzig gute daran ist, er kann sich in den verbliebenen Shops nehmen was er will. Meistens sind es Konserven. Es gibt zudem, niemanden der ihm Geld für die Konserven abnehmen würde.
Angeln oder jagen hat er nie gelernt. Frisch Regale halten nur noch verrotteten Müll vor, was aber keine Ursache für den bestialischen Gestank in den Straßen ist, in denen er bisher herum gelaufen ist.
Vereinzelt sind immer wieder Tierlaute von Hunden, Katzen und Rindviechern zu hören.
Gesehen hat er bisher keine. Und dieses verdammte Heulen.
Der starke Wind treibt so manches mächtig miese Spiel mit ihm.

Erst gestern glaubte er einen Pfiff eines Artgenossen gehört zu haben. Er hat sich allerdings getäuscht. Er täuschte sich auch als er vor wenigen Tagen glaubte, Stimmen zu hören. Als er diese finden wollte und glaubte sich am möglichen Ort des Geschehens zu wähnen, lag da dieses Radio.
Es war stumm.
Batterien dafür hat er keine gefunden und auch keine funktionierende Steckdose, die Strom hätte hergeben können um ein Radio zu betreiben. Ob es überhaupt noch Kraftwerke gibt, die Strom produzieren?
Das fragt er sich schon seit Monaten.

Sein Hunger treibt ihn immer weiter voraus.

Ob er sich eines der zahlreichen, an den Straßen kreuz und quer herumstehenden Autos nehmen soll, so wie er es aus Filmen aus einer freundlicheren Vergangenheit kennt?
Was würde es ihm nützen, fragt er sich.
Wahrscheinlich würde er kaum allzu schnell vorwärts kommen; denn viele Straßen führen an Ortschaften und Städten vorbei. Zudem stehen viele Fahrzeuge immer noch kreuz und quer irgendwo auf den Straßen herum. Es wäre wie eine Slalom fahrt auf die er keine Lust hat, weil er befürchtet es würde ihm schlecht davon werden.

Schlecht ist es ihm bereits im Anbetracht seiner jetzigen Situation.

Während seiner Wanderschaft durch die Länder, kreisen seine Gedanken oftmals um eine einzige Frage nach dem letzten, laschen Lockdown.

Aus welchem Grund haben die Mainstream Idioten, die ungläubigen in ihren vermeintlichen Gotteshäusern oder das rechts orientierte Stimmvieh aber auch Seuchen Leugner bis hin zu den saudummen Superreichen in ihren super teuren Konklaven den Experten, den Virologen kein Gehör geschenkt und jede Warnung in den Wind geschlagen sowie als uninfizierbar durch Abschottung von der Außenwelt oder als Verschwörungstheorie abgetan?

Auch die gläubigen glaubten Gott würde sie schützen.
Jeder hat gewusst wie hoch ansteckend die Seuche ist. Jeder hat gewusst wie viele Tote die Seuche gefordert hat.

Die Warnungen waren lange Zeit unzweideutig und die Auswirkungen jedem bekannt.

Wie würde es auf anderen Kontinenten aussehen, in anderen Ländern außerhalb Europas.
Die wenigen weltweit wissenswerten News sind schon lange her als er diese gehört hat. Es lässt kaum gutes erahnen. Die Regierungen haben vor Plünderungsversuchen gewarnt. Sie warnten Demonstranten sowie Regierungsgegner, jeglichen Protest mit Waffengewalt zu beenden, um sich an ihre letzte verbleibende Macht zu klammern.
Militär wurde gegen die eigene Bevölkerung geschickt, damit sie sich gegenseitig umbringen können!
Die Seuche hat auch dort seine vehement verheerende Vernichtungswirksamkeit entfaltet.
Der Seuche war es scheißegal wen es befällt. Es hat keinen halt vor Religion, Rasse der Nationalität oder dem Geschlecht oder gesellschaftlichem Status gemacht.
Einige Haustiere oder wildlebende Tiere galten einige Zeit ebenfalls als Überträger.
Er aber; ist bisher davon verschont geblieben. Darauf kann er sich keinen Reim bilden.

Wenn es gegebenenfalls Gott gäbe, weshalb ausgerechnet er?

Würde er damit beginnen all die zu seinen Füßen liegenden, vor sich hin verwesenden Toten begraben zu wollen, über die er bisher steigen musste und gesehen hat, wäre er bis an sein Lebensende beschäftigt.

Niemanden würde es interessieren und an Gott zu glauben ist ihm in seiner jetzigen Situation zuwider geworden.

Ihn drängt eine viel wichtigere Frage.

Gibt es andere überlebende und wenn er überlebende findet, werden sie frei von der Seuche sein?


28.07.2020

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